Die digitale Ausgabe des Sarganserländers.
Alle Scheinwerfer sind auf Norris, Verstappen und Piastri gerichtet
Die Formel 1 gastiert am Wochenende in Abu Dhabi, wo im alles entscheidenden letzten Rennen der Saison gleich drei Fahrer vom WM-Titel träumen.
Die Ausgangslage erinnert an 2010, als am Ende der lachende Dritte jubelte. Wiederholt sich das Szenario?
"Letztes Jahr haben wir hier die Konstrukteurs-WM ins Visier genommen, dieses Jahr kämpfen wir um eine andere Meisterschaft (die Fahrer-WM)", sagt Lando Norris vor dem grossen Showdown in Abu Dhabi. Hier hatte der Engländer vor einem Jahr mit einem Sieg auf dem Yas Marina Circuit die Regentschaft von Max Verstappen (nach zuvor vier Siegen) beendet.
Mathematisch hat Norris am Sonntag von den drei Titelkandidaten die besten Karten. Ein Podestplatz würde den Engländer zum Weltmeister 2025 machen, unabhängig von den Ergebnissen der Konkurrenz.
Doch McLaren, das sich bereits Anfang Oktober zum zweiten Mal in Folge den WM-Titel in der Teamwertung gesichert hat, muss sich vor Verstappen in Acht nehmen. Der Niederländer hat seit Anfang September einen Rückstand von mehr als 100 Punkten wettgemacht. Vor dem letzten Rennen liegt das Red Bull Aushängeschild bloss noch zwölf Zähler hinter Norris und deren vier vor Piastri. Beim Flutlicht-Spektakel in Abu Dhabi sind noch maximal 25 Punkte zu vergebenden.
Keine Fehler mehr erlaubt
Sein beeindruckendes Comeback verdankt der Titelverteidiger nicht nur seinem riesigen Talent, das ihm vier WM-Titel in Serie eingebracht hat, sondern auch der wachsenden Stärke seines Autos. Ein Umstand, der McLaren zunehmend nervös macht und zuletzt zu einer Reihe von Fehlern geführt hat.
In Katar liess Teamchef Andrea Stella Norris und Piastri auf der Strecke, während fast alle anderen Fahrer, unter ihnen Verstappen, während der Safety-Car-Phase neue Reifen holten. Der Niederländer gewann das Rennen von Startplatz 3 aus. Schon eine Woche zuvor hatte McLaren in Las Vegas wertvolle Punkte verloren, als beide Fahrer wegen nicht regelkonformer Autos disqualifiziert wurden - ein weiterer Rückschlag, von dem erneut Verstappen profitierte.
Piastri wie einst Vettel?
Noch hat es McLaren in den eigenen Händen, doch die Parallelen zur Saison 2010 drängen sich immer stärker auf. Sollte Norris am Sonntag das Podest verpassen, wird es komplizierter und ein Fall für den Rechenschieber. Vor 15 Jahren war es Piastris jetziger Manager Mark Webber, der das letzte Rennen in Abu Dhabi als WM-Zweiter in Angriff nahm. Als WM-Leader trat Fernando Alonso an, damals im Ferrari. Er hatte acht Punkte Vorsprung auf Piastris Landsmann.
Da war aber noch ein Sebastian Vettel, für den als Dritter der WM-Wertung mit 15 Zählern Rückstand auf Alonso der WM-Titel noch ein Reichweite war. Und der Deutsche packte seine Chance. Während die anderen beiden kapital schwächelten, fuhr er zum Sieg und kürte sich und Red Bull erstmals zum Weltmeister.
Wiederholt sich nun die Geschichte mit einen Happy-end für Piastri? Oder schafft Verstappen tatsächlich das Wunder und steht am Ende zum einzigen und entscheidenden Mal in diesem Jahr zuoberst in der WM-Rangliste? Im Gegensatz zu Vettels Titel-Premiere vor 15 Jahren wäre es Verstappens fünfter WM-Titel in Serie. Das gelang in der 75-jährigen WM-Geschichte bislang nur einem: Rekordweltmeister Michael Schumacher Anfang dieses Jahrtausends mit Ferrari.
McLarens Dilemma
Möglich gemacht hat den hollywood-reifen Showdown aber vor allem McLaren, das jetzt vor einem grossen Dilemma steht. Endlich Aufgabe der Papaya-Regeln, denen zufolge keiner der beiden Fahrer bevorzugt wird und es keine Nummer 1 gibt? Oder Piastri im letzten der 24 Rennen zum Helfer degradieren?
Am Sonntag könnte es zu der Situation kommen, dass Verstappen das Rennen anführt und die McLaren-Fahrer auf den Positionen 3 und 4 liegen. Dann müsste Piastri Platz für Norris machen, damit dieser Weltmeister wird. An der offiziellen Pressekonferenz am Donnerstag erklärte das Duo überraschenderweise, dass man dieses Szenario intern noch nicht besprochen habe. Ob das bis am Sonntag noch passiert? Für das Team wäre die Klärung dieser Frage eigentlich unverzichtbar.
"Mörderpuppe" Verstappen
Klar ist: Der Stressfaktor wird beim Finale in Abu Dhabi seinen Höhepunkt erreichen. 2021 begann dort nach einem dramatischen Duell mit Lewis Hamilton die Titel-Ära von Verstappen. Dass der Mann mit der Nummer 1 auf seinem Auto nun noch mal im WM-Kampf mittendrin ist, daran war im Sommer nicht zu denken.
"Ich bin ganz entspannt", sagte Verstappen auf die Frage, wie er mit dem Druck umgehe. Er habe nichts zu verlieren, und es sei ein "Bonus" für ihn, überhaupt noch eine Titelchance zu haben. Auch Piastri zeigt sich angesichts der Ausgangslage "entspannt", und Norris erklärte, er denke gar nicht darüber nach, was aber natürlich nicht so leicht sei, weil er ständig darauf angesprochen werde.
Doch Verstappen bleibt seinen Rivalen als bedrohlicher Faktor. Oder wie sagte McLarens Geschäftsführer Zak Brown jüngst: "Er ist wie dieser Typ aus einem Horrorfilm, der gerade dann wieder auftaucht, wenn du denkst, jetzt ist er weg." Darauf angesprochen meinte Verstappen in Anspielung auf auf die "Mörderpuppe" aus dem gleichnamigen Horrorfilm aus den Achtzigerjahren: "Er kann mich Chucky nennen."
















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