Die digitale Ausgabe des Sarganserländers.
«Sarganserländer»-Leserreise (5): Die Majestät, der Thronsaal und das Ave Maria
Vom 22. Oktober bis am 7. November erkunden im Rahmen der «Sarganserländer»-Leserreise rund 40 Personen unter der Leitung von Erich Arnold und Zentrum Reisen Mels die Schönheiten des Landes Südafrika. Auch der «Sarganserländer» ist mit an Bord und berichtet in loser Reihenfolge von den Abenteuern an der Wiege der Menschheit.
Oudtshoorn ist das Tor zur Garden Route an der Südküste Südafrikas. Die Gemeinde vereint alles, was sich das Touristenherz vom südlichsten Land des Kontinents wünscht, sind hier doch unter anderem das Weltzentrum der Straussenzucht und die Cango-Höhlen lokalisiert. Lou Reeds Welthit «Perfect Day» (perfekter Tag) bekommt hier ein vielfältiges Gesicht. Der perfekte Tag beginnt morgens um 6 Uhr beim Erwachen in einem Luxuszelt der Buffelsdrift Game Lodge direkt am Ufer eines Wasserlochs. Die Sonne steht schon am Horizont, verschiedene Vogelarten stimmen in einen gemeinsamen Kanon ein, am Seeufer schnauben Nilpferde, während weibliche Kudus mit ihrem Nachwuchs friedlich zwischen den Zelten grasen. Bei einer Morgenpirsch um 7 Uhr warten Erdmännchen, Giraffen, Zebras und Springböcke auf ihre ersten Beobachter – ein Tier majestätischer als das andere.
Verewigt in der Dunkelheit: Der Besuch der Cango-Höhlen gehört ebenfalls zum perfekten Tag in Oudtshoorn. Sie bilden den Eingang zu einem über vier Kilometer langen Tunnelsystem durch die Groot Swartberge und wurden vor Urzeiten von den ersten Menschen, den San, als Behausung genutzt. Wandmalereien bezeugen ihre Anwesenheit vor tausenden von Jahren. Sie sind ebenso eindrücklich wie die riesige Eingangshöhle, die optisch wie akustisch einer Konzerthalle oder aber einem Thronsaal gleichkommt, und die perfekt inszenierten Stalaktiten und Stalagmiten. Ragen sie an bestimmten Stellen wie Türme, sogenannte Stalagnate, an die Decke der Tropfsteinhöhle, so erinnern sie andernorts eher an Wasserfälle oder riesige Orgeln in ebenso grossen Kathedralen. Dass den Cango-Höhlen auch eine ureigene Akustik innewohnt, zeigt Gruppenführerin Lee Ann mit ihrer gesanglichen Interpretation von Schuberts «Ave Maria». Wenn ihre engelsgleiche Stimme von den Wänden widerhallt, kehrt völlige Stille und Andacht ein. Ein Gänsehautmoment.
Dumm und treu: Die Rede ist nicht von Kartoffeln und jenen, die sie verzehren, sondern von einer ganz bestimmten Vogelart. Denn ohne Strausse kein Oudtshoorn: In der Gemeinde findet sich die grösste Straussenzucht der Welt – ebenfalls ein Pflichttermin für einen perfekten Tag. So ulkig die Tiere und so wertvoll ihr Fleisch, ihre Eier, ihre Federn und ihre Haut (Leder) auch sind, so dumm sind die flugunfähigen Vögel. Daraus machen auch die Verantwortlichen bei einer Führung durch ihre Farm keinen Hehl. Es ist, wie es ist.
Auf Tuchfühlung: Zurück in der Lodge, warten drei 21-jährige Elefanten auf ihre Fütterung. Sie gehorchen rund 200 Befehlen in mehreren Sprachen, sind fast handzahm und darum eine Touristenattraktion. Diese können die drei ausgewachsenen Tiere mit Äpfeln und weiteren Früchten füttern, per Rüssel oder direkt in den Mund, sie umarmen und schmusen und natürlich für Erinnerungsfotos posieren. Die majestätischen Wesen bilden den idealen Abschluss eines perfekten Tags. Lou Reed wäre bestimmt neidisch.
Pleiten, Pech und Pannen: Auch an einem perfekten Tag lauern die kleinen und von der Reisegruppe mittlerweile fleissig dokumentierten Patzer überall. Angefangen bei den Luxuszelten der Buffelsdrift Lodge, die zwar wirklich grosszügig eingerichtet sind, aber bei allem Luxus dennoch nicht Platz für vier Personen bieten – auch nicht bei einer Doppelbuchung. Dass jene, die nachgeben, immer die Klügeren sind, bewies die Belohnung, die auf sie wartete: Eine Zeltlodge direkt am Wasser kam einem Zimmerupgrade gleich. Und das Zelt gefiel den beiden. So sehr, dass sie gar nicht mehr raus wollten. Anders lässt sich nicht erklären, warum sie den Griff der Eingangstüre von innen abgebrochen und sich so selbst eingesperrt haben. Eine Passantin konnte die beiden aber recht zeitnah aus ihrem luxuriösen Gefängnis befreien.
Zur selben Zeit liessen sich eine Mutter und ihre Tochter im Spa-Bereich bei einer ausgiebigen Massage verwöhnen. Dass die dabei eingesetzte Tiefenentspannung sehr abrupt enden kann, musste die Mutter schmerzlich erfahren, als sie nach der Massage – wohl noch etwas apathisch – mit dem ganzen Körper in eine Glasscheibe knallte. Zurück blieb ein grosser Ölfleck, ein verschmiertes Glas, eine etwas beschämte Mutter und das schallende Gelächter von Tochter und Masseurin.
Derweil hat das tapfere Schneiderlein, das bereits im zweiten Reisebericht erwähnt wurde, wieder alle Hände voll zu tun. Nicht nur scheint dieselbe Hilfesuchende wie anfangs der Reise Brandlöcher magisch anzuziehen, die es wieder zu nähen gilt, auch scheint der Journalist der Runde im allabendlichen Sprung in den Pool komplett lernresistent zu sein. Dabei hat es sich das Schneiderlein zur Aufgabe gemacht, dem Schreibenden den «Totenschwumm», wie sie es nennt, beizubringen. Gelingen wollte das bis jetzt nicht. Und auch mit dem Strom scheint der Fotograf seine liebe Mühe zu haben, hat er doch beim Einschalten eines Ventilators einen Stromausfall in der gesamten Lodgeanlage verursacht. Das Resultat: Ausgefallene und zurückgesetzte Heizkörper und eine frierende Reisegruppe bei einer frostigen Nacht. Fast schon Straussenniveau, wie dumm das war.














































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