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Bergsturz-Steine schützen nun das bündnerische Bondo
Das 52-Millionen-Franken-Projekt Bondo II ist abgeschlossen. Damit sind die Bergeller Bergsturz-Orte Bondo, Spino, Sottoponte und Promontogno vor Murgängen geschützt. Kommenden Freitag wird die Talgemeinde Bregaglia diesen Meilenstein nach vier Jahren Bauzeit feiern.
Man hört kein Brummen mehr von Lastwagen, kein Rattern von Baggerketten, kein Hupen der Kräne. Vom neuen Punt-Viadukt hört man nur das leise Rauschen des Flusses Bondasca, den Glockenturm von Bondo und von weitem einige Autos, die über die neue Brücke der Kantonsstrasse fahren.
"Die Baustelle wird uns nicht fehlen", sagte Patrizia Guggenheim, die Präsidentin von Pro Bondo. Die Vereinigung mit 150 Mitgliedern wurde 2018 nach dem massiven Bergsturz vom Piz Cengalo gegründet, um zwischen der Bevölkerung und den Behörden zu vermitteln. Sie beriet bei der Entscheidungsfindung für das Wiederaufbauprojekt die Jury.
"Die Grünflächen mit den Gärten waren ein Punkt, der uns gefiel. Heute sind sie sehr beliebt", so Guggenheim. Ausserhalb des Damms wachsen jetzt Kürbisse, Lauch und Salate.
Das Grau der Baustelle, des Stahlbetons und der Felsbrocken, das von den Bewohnern nicht ohne Kritik aufgenommen wurde, bekam zwischenzeitlich etwas Farbe von der Natur. Aber es wird noch einige Zeit dauern, bis sich das Gelände vollständig in die Landschaft integriert hat.
Mehr Sicherheit für alle
Am 11. September 2021 wurde der Grundstein für das Schutzprojekt gelegt. Entwerfen und Bauen sind zwei Komponenten, die zum Berufsalltag von Bregaglia-Gemeidepräsident Fernando Giovanoli und seinem Vize Ueli Weber gehören. Giovanoli ist Architekt, Weber Bauingenieur. "Für mich war es eher eine Frage der Verwaltung als der Ingenieurskunst, aber mein beruflicher Hintergrund hat mir geholfen", sagte der Vize-Bürgermeister.
Weber, der als Leiter des Departements für Infrastruktur den Bau in den letzten vier Jahren begleitete, nennt einige Zahlen: 110'000 Tonnen grosse Steine wurden für die Ufer verwendet, über 8000 Tonnen kleine Steine für die Mauern und 25'000 Kubikmeter Beton.
"Wir sind stolz auf das Rückhaltebecken, das uns wieder Sicherheit gibt", sagte der Vize-Bürgermeister weiter. Sollte der Piz Cengalo wieder aktiv werden und Material ins Tal bringen, könnte das Auffangbecken bis zu 300'000 Kubikmeter Material aufnehmen. Sicherheit gibt es nicht nur für die Bewohner, sondern auch für die Verkehrswege. Die Brücken wurden um sieben Meter erhöht.
52 Millionen für 200 Einwohner
Das Projekt Bondo II hat über 52 Millionen Franken gekostet, zehn Millionen mehr als ursprünglich geplant. Dies aufgrund der Auswirkungen der Pandemie und des Ukraine-Krieges auf die Preise der Rohstoffe, aber auch wegen des geringen Wettbewerbs unter den Unternehmen bei den Ausschreibungen. Zudem unterschätzten die Planer die Kosten.
"Etwa 14 Millionen Franken werden von der Gemeinde getragen und zu einem grossen Teil durch Spenden finanziert", erklärte der Bürgermeister und fügte hinzu: "Manchmal wird uns vorgeworfen, dass wir über 52 Millionen Franken für 200 Personen ausgegeben haben, aber im Engadin werden 50 Millionen Franken für den Bau eines Hauses ausgegeben."
"Wir dürfen nicht vergessen, dass die nun erhöhte Strasse täglich Arbeiter und Gäste ins Engadin bringt, dem wirtschaftlichen Herz des Kantons Graubünden", betonte Giovanoli. Bondo II sei also mehr als ein Schutzprojekt für die Gemeinde, es schütze auch eine wichtige Wirtschaftsader.
"Bondo am Leben erhalten"
Bondo II könnte man auch als "Bondo, das Zweite" lesen - also ein neues Bondo. Für die Einwohnenden ist es das auch. "Das alte Bondo gibt es nicht mehr und wenn wir daran denken, tut es weh", so Guggenheim.
Die Schlammlawinen, die nach dem Bergsturz des Piz Cengalo folgten, rissen die Käserei, das Museum des Schweizer Alpen-Clubs, zwei alte Ställe und die historische Brücke nach Promontogno fort. Insgesamt wurden zwanzig Gebäude zerstört oder beschädigt. Vier Einwohner sind nach dem Bergsturz nicht mehr ins Dorf zurückgekehrt. Insgesamt acht Menschen starben.
Dass die Schreinerei Clalüna in Bondo geblieben ist, ist für den Vizebürgermeister ein starkes Signal. "Ich habe an vielen Orten auf der ganzen Welt gelebt. Hier fühle ich mich sicher und die Lebensqualität ist sehr hoch. Auch nach einem Ereignis wie dem Bergsturz am Piz Cengalo."
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