Die digitale Ausgabe des Sarganserländers.
"Bern Rules!" - schon lange nicht mehr
Es war einmal, vor rund 50 Jahren, eine Zeit, in der die Berner Hockeyklubs die Titel unter sich ausmachten. Noch immer sind der SCB, die SCL Tigers und der EHC Biel ein wichtiger Faktor im Eishockey-Business. Aber dominant sind sie nicht mehr.
Am Dienstag wähnte man sich kurz wieder wie zu den grossen alten Zeiten. Der SC Bern besiegte Ambri-Piotta nach Rückstand mit 3:1. Und der Goalie (Adam Reideborn) hexte wie einst Jürg Jäggi oder Renato Tosio. Die Tigers des SC Langnau zeigten dem Meister, den ZSC Lions, den Meister. Und der EHC Biel fand mit einem mirakulösen Finish gegen Lugano nach einem 0:2-Rückstand noch zum 3:2-Sieg.
Die Momentaufnahme trügt: Die SCL Tigers reden nach drei Siegen aus den ersten vier Runden davon, einfach "am Boden zu bleiben", denn "es kommen dann auch wieder weniger gute Tage".
Dario Rohrbach sagte das nach dem Sieg über die ZSC Lions und seinem zweiten Saisontreffer. In Zug setzten sich die SCL Tigers am Samstag zum ersten Mal seit acht Jahren durch; gegen die ZSC Lions gelang der erste Heimsieg seit drei Jahren. Rohrbach: "Es läuft uns! Die Stimmung ist schon wieder hoch - aber die Saison ist erst eine Woche alt. Aber wir nehmen es, wie es kommt!"
Ungeschriebene Gesetze
Dario Rohrbach ist derjenige Langnauer, der nach dieser Saison die Seite wechseln wird - und ab nächstem Sommer für den SC Bern auflaufen wird. Der SCB ist der Klub im Kanton, der sich die alte Berner Dominanz zurückwünscht. Im Sommer kreierten die Berner den Slogan "Bern Rules!". Der Spruch soll alles beinhalten, was den SCB ausmacht: Harte Arbeit, Leidenschaft, Verbundenheit - aber auch ungeschriebene Gesetze, die den Schlittschuhclub Bern von aussen immer wieder mal arrogant aussehen lassen.
Zu diesen ungeschriebenen Regeln zählt auch, dass der SCB immer und immer wieder Meister wird. Der letzte Titelgewinn liegt aber am Ende dieser Saison schon sieben Jahre zurück. Die letzte derartige Durststrecke gab es zwischen 1997 und 2004 - inklusive einer Nachlassstundung (1998) und einer Sanierung, während der die Gläubiger mehr als 90 Prozent ihrer Forderungen abschreiben mussten.
Auch an der aktuellen Baisse tragen die Finanzen eine Mitschuld. "Wir haben nach dem Meistertitel von 2019 darauf verzichtet, den Umbruch einzuleiten. Das war ein Fehler", sagt Marc Lüthi, der starke Mann im SCB. Früher seien dem SCB auch Fehler unterlaufen, die sich dann hätten korrigieren lassen. Lüthi: "Aber 2020 kam die Pandemie. Unser Umsatz (zum Grossteil durch Gastro-Unternehmen erzeugt) ging von 65 auf 27 Millionen zurück. Wir hatten keinen Rappen mehr. Und wir konnten nur überleben, weil wir keinen Rappen mehr investierten. Wir mussten wie 1998 alles neu aufbauen."
"In drei Jahren"
Der Neuaufbau befindet sich in der Schlussphase: Die Hauptverantwortlichen benützen nicht die gleichen Worte, sagen aber doch das Gleiche: "In den nächsten drei Jahren wollen wir wieder so weit sein, dass wir um den Titel mitkämpfen können", sagt Marc Lüthi. Und aus der Sportabteilung, in der Sportdirektor Martin Plüss und Sportchef Diego Piceci das Sagen haben, verlauten Sätze wie "wir wollen nach oben kommen und dann oben bleiben".
Einfacher gesagt als getan. Gewiss kommt Dario Rohrbach nach dieser Saison. Aber sonst? Die Berner kassieren auf dem Transfermarkt Niederlage um Niederlage. Fast alle Spieler, an denen der SCB Interesse zeigt, unterschreiben am Ende anderswo.
Am Dienstag hatte Bern endlich was zu jubeln. Nach bloss zwei Goals in den ersten drei Runden gewann der SCB gegen Ambri-Piotta 3:1. Adam Reideborn parierte 95,8 Prozent aller Schüsse. Für das Goalie-Management (vier Torhüter unter Vertrag) wird der SCB fast so viel kritisiert wie für den Fakt, dass in der Vergangenheit keine jungen Akteure eingebaut wurden. Gegen Ambri erzielten Mats Alge (22) und Louis Füllemann (21) die entscheidenden Goals vom 1:1 zum 3:1.
"Viel mehr Energie"
Nur die dritte Kraft im Kanton hinter den überraschenden SCL Tigers (5.) und dem SC Bern (9.) ist aktuell der EHC Biel (12.). Die Seeländer verloren die ersten drei Partien, lagen im Heimspiel gegen Lugano acht Minuten vor Schluss 0:2 zurück, hatten zu dem Zeitpunkt mehr als 150 Minuten lang kein Tor mehr erzielt, gewannen dann aber dank drei Goals innerhalb von weniger als zehn Minuten noch 3:2. "Überfällig", sei dieses Erfolgserlebnis gewesen, so Trainer Martin Filander. Der Schwede startete letzte Woche seine zweite Saison in Biel - "und was mir auffällt, ist die Ausgewogenheit der Mannschaft und die Energie, die sie ausstrahlt. Da sind markante Unterschiede zum letzten Jahr zu spüren".
Die letzte Saison beendete Biel auf Platz 11. Zwei Saisons nach der Qualifikation für den Playoff-Final reichte es nicht einmal fürs Play-In. Seither sind mit Damien Brunner (39) und Luca Cunti (36) zwei Altstars definitiv abgetreten. Der Umbruch ist weiter in vollem Gang. Trotz des misslungenen Saisonstarts - in Biel lebt die Hoffnung, dass die neue Saison erfolgreicher verläuft. "Schon nur wenn wir weniger Verletzungspech haben, wird sich das auf die Resultate positiv auswirken", so Trainer Filander.
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