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"Es war Marc gegen Marc"
Marc Marquez schwebt im siebten Himmel - dank seinem siebten WM-Titel in der MotoGP. Obwohl dieser nur noch Formsache war, zeigt sich der Spanier in Motegi emotional.
Er habe sich selber neu erfinden müssen, erzählte Marc Marquez in den letzten Monaten immer wieder. Wie perfekt ihm dies gelungen ist, stellt er am Wochenende in Japan eindrücklich unter Beweis. 2. Platz im Sprint am Samstag, 2. Platz im Grand Prix vom Sonntag, jeweils hinter dem zweifachen Weltmeister Francesco Bagnaia. Marquez begnügt sich, seine Position abzusichern und geht kein unnötiges Risiko ein.
2019, nach seinem sechsten MotoGP-Titel in sieben Jahren, schien es nur eine Frage der Zeit, bis er zum Superstar Valentino Rossi (7), mit dem er sich manch harten Fight geliefert hat, und Giacomo Agostini (8) aufschliessen würde. Vor eineinhalb Jahren war er, geschwächt und frustriert durch Verletzungen und Stürze, dann aber weit entfernt von dieser siebten Krone in der Königsklasse des Motorradsports.
"Natürlich war es mein ultimatives Ziel, wieder Weltmeister zu werden, aber in dieser schwierigen Zeit mit all den Problemen habe ich nicht mehr daran gedacht", gibt Marquez beim TV-Sender "Canal+" zu. "Es war Marc gegen Marc, ich habe gegen mich selber gekämpft." Er habe einige schwierige Entscheide zu fällen gehabt und "auf mein Bauchgefühl" gehört.
Stürze kosten das Selbstvertrauen
Seine ersten elf Jahre in der MotoGP hatte Marquez im Werksteam von Honda absolviert - auf einer etwas eigenwilligen Maschine, die kaum ein anderer Fahrer bändigen konnte, die ihn aber zu den ersten sechs WM-Titeln trug und in die Kategorie der Sport-Weltstars katapultierte. Der Bruch kam in der Corona-Saison. Der Spanier stürzte im ersten Rennen 2020, zog sich einen komplizierten Bruch des rechten Oberarms zu und wollte danach - wie er mittlerweile zugibt - viel zu schnell wieder Rennen fahren. Es folgten weitere Stürze, Operationen, und das zuvor unerschütterliche, an Arroganz grenzende Selbstvertrauen war weg.
Der schwierige Entscheid, von dem Marquez spricht, war der Wechsel von Honda zu Ducati. Ende 2023 löste er seinen noch ein Jahr laufenden Vertrag mit Honda auf, verzichtete auf viel Geld und heuerte beim mittlerweile dominierenden italienischen Rennstall an - allerdings nicht im Werks-, sondern bei einem Kundenteam. Marquez überzeugte, wurde befördert und feiert nun bereits fünf Rennwochenenden vor Schluss den WM-Titel. So früh, wie nie einer zuvor.
In Japan schliesst sich ein Kreis
In Motegi "schloss sich für mich ein Kreis", sagt ein emotionaler Marc Marquez. Der einstige Heisssporn ist gereift, er hat sich eben neu erfunden und kann auch einmal das Risiko minimieren, anstatt immer Vollgas zu fahren. Dass er den Titel ausgerechnet auf dem Honda-eigenen Rundkurs in Japan klar macht, bedeutet ihm viel. Der mittlerweile 32-Jährige aus der katalanischen Kleinstadt Cervera im Hinterland von Barcelona hat seine Anfänge bei Honda nicht vergessen - auch nicht in den letzten Minuten bis zum WM-Titel.
"Es war ein perfekter Tag, der Zyklus endete in Japan", so Marquez. "Und mein Team und Honda standen ebenfalls auf dem Podium: Als ich (Joan) Mir (auf Honda) auf Platz 3 sah, versuchte ich, auch ihn unter Kontrolle zu halten, damit er aufs Podest kommt." Am Ende blickt der Spanier noch einmal zurück: "Wenn man auf dem Höhepunkt ist, ist der Fall noch tiefer. Jedes Jahr ist wichtig, aber die grösste Herausforderung, war das Zurückkommen."
Nun, da er das geschafft hat, kann Marquez ab dem kommenden Jahr die Bestmarke von Giacomo Agostini, der seine acht WM-Titel in der 500-ccm-Klasse von 1966 bis 1975 gewann, ins Visier nehmen. Nach Jahren des Zweifels scheint für ihn wieder alles möglich.
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