Die digitale Ausgabe des Sarganserländers.
Zwischen Hingabe und Schönfärberei
Der FC Zürich verliert in Basel zum vierten Mal in Folge. Die Zürcher sind in der Krise – nicht alle im Verein deuten die Baisse jedoch dramatisch. Interimstrainer Dennis Hediger sieht vieles positiv.
Wenn Steven Zuber Mikrofone entgegengestreckt werden, geht der Mittelfeldspieler des FC Zürich nicht selten auf Konfrontationskurs. Das ist auch am späten Mittwochabend nicht anders. Eigentlich wäre es dem 34-Jährigen wohl lieber gewesen, er hätte einfach unbemerkt an der Türe zur Interview-Zone vorbei schlurfen und schnurstracks in der Kabine verschwinden können. Jedenfalls erkundigt er sich nach der Bitte um seine Einschätzung dieses verregneten Fussballabends im Basler St.-Jakob-Park erst bei der Kommunikationsabteilung der Zürcher, ob er wirklich in diesen Raum abbiegen müsse.
Zuber wird nicht vom Haken gelassen, und so steht er wenig später im mit Rasenteppich ausgelegten Zimmer, vor dem Gesicht eine Handvoll Kameras und Mikrofone, die alle die Worte des Zürcher Kreativ-Kopfs einfangen wollen. "Vogelwild" sei er gewesen, der Auftritt des FCZ im Klassiker gegen den FC Basel, sagt ihm ein Medienschaffender. Worauf Zuber um eine Erklärung bittet, was mit dieser Umschreibung genau gemeint sei.
Die Erläuterung, dass die Zürcher vorab offensiv wenig zustande gebracht und defensiv immer wieder fehlerhaft agiert hätten, stellt Zuber offensichtlich nicht zufrieden. "Also, ich weiss nicht, was Sie für ein Spiel gesehen haben. Wir hatten einen klaren Plan, und der ist gut aufgegangen."
Das Zwiegespräch geht weiter: "Aber ihr habt ja 0:2 verloren", erwidert der Journalist, worauf Zuber meint: "Ja, aber wir kamen immer wieder in den Strafraum und haben uns Chancen herausgespielt. Wir haben einfach keine Tore gemacht."
Magnins Binsenweisheit bewahrheitet sich nicht
Die Episode aus den Katakomben des Basler Stadions zeigt, dass Fussballer bisweilen eigenwillige Interpretationen von Geschehnissen haben können. Der FC Zürich schlitterte nämlich am Mittwoch nicht als heroisch kämpfender Gast in eine nächste Niederlage. Vielmehr waren die Zürcher dem Heimteam in allen Belangen klar unterlegen. Und dass sie nicht mit einer deutlicheren Niederlage heimreisen mussten, war nur der Tatsache geschuldet, dass die Basler ihre Grosschancen fast schon fahrlässig ungenutzt liessen. Albian Ajeti, Xherdan Shaqiri und Marin Soticek vergaben allesamt alleine vor FCZ-Goalie Yanick Brecher.
"Normalerweise", konstatiert FCB-Trainer Ludovic Magnin, "wenn du die Tore nicht machst, verlierst du solche Spiele. Heute hat sich das nicht bewahrheitet." Gemessen an den Spielanteilen und den daraus errechneten erwartbaren Toren, hätten die Basler mindestens dreimal treffen sollen. Bei den Zürchern lag dieser Wert bei gerade einmal 0,6.
Es ist ein weiteres Indiz dafür, dass Zubers Wahrnehmung dieses Prestigeduells und der Leistung der eigenen Mannschaft etwas gar schöngefärbt ist. Wobei auch Interimstrainer Dennis Hediger bestrebt ist, Positives hervorzuheben. Sein Team verfüge über viel Qualität am Ball, sagt er etwa. Oder dass sich die Spieler dynamisch auf ihren Positionen bewegen würden. "Bis zum Strafraum sind wir bei 100 Prozent von dem, was von unserem Potenzial her möglich ist, und wir haben auch eine gute Präsenz im gegnerischen Strafraum." In der gefährlichen Zone jedoch, meint Hediger, schöpfe sein Team aktuell nur 90 Prozent seiner Möglichkeiten aus, bringe zu wenige gefährliche Bälle aufs Tor.
Hedigers Identifikation ist hörbar
Seit zwei Spielen ist der 39-Jährige interimistisch in der Verantwortung, nachdem sich zumindest Teile der Mannschaft gegen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Niederländer Mitchell van der Gaag ausgesprochen hatten. Für den früheren Mittelfeldspieler und langjährigen Captain des FC Thun sind es die ersten Erfahrungen auf Stufe Super League. Bis anhin hatte Hediger ausschliesslich im Juniorenbereich als Trainer fungiert. Erst in Thun, dann in Basel und seit Anfang 2024 in Zürich.
Auch wenn er noch nicht länger in der grössten Schweizer Stadt arbeitet, scheint das Leben in Zürich schon seine Spuren hinterlassen zu haben. Wenn Hediger über Fussball spricht, mischen sich in sein Berndeutsch immer mal wieder Zürichdeutsch angehauchte Begriffe. Wer will, könnte diese Tatsache als Zeichen der Identifikation deuten, als maximale Hingabe im Bestreben, die darbenden Stadtzürcher wieder auf Kurs zu bringen.
Phasenweise, sagt Hediger, sei es seinen Spielern gut gelungen, die Pressing-Linie der Basler zu durchbrechen. Wie schon am Wochenende gegen YB (2:3) hätten aber individuelle Fehler und riskante Rückpässe zu Goalie Yanick Brecher immer wieder unnötig Gefahr verursacht. "Das müssen wir sofort korrigieren und wenn immer möglich vorwärts spielen."
Apropos Brecher und apropos vorwärts: Als der FCZ-Captain vor den Mikrofonen steht, tönt es doch ganz anders als noch bei Kollege Zuber. Sie hätten es nicht geschafft, sich Grosschancen zu erarbeiten. Dafür hätten sie hinten wieder viel zu viel zugelassen, konstatiert der 32-Jährige. Ehe er nach dieser vierten Niederlage am Stück und dem Abrutschen auf Platz 9 in der Rangliste schon fast mahnend diktiert: "Es geht bei uns hinten und vorne nicht auf. Aber es muss jetzt endlich vorwärtsgehen."
















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