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Luca Sbisa gibt seine NHL-Erfahrung weiter
Vier Jahre nach dem Ende seiner Karriere hilft Luca Sbisa jungen Spielern auf dem Weg in die NHL. Als Pionier weiss er genau, wovon er spricht.
Luca Sbisa ist nach zwei intensiven Wochen mit Camps in San Jose und einem Rookie-Turnier in Anaheim froh, wieder daheim zu sein. Zu Hause ist in Nashville, wo der 35-Jährige zusammen mit seiner Frau und den drei Kindern bald in ein neues Haus einziehen wird. Dieses befindet sich in der Nähe des neuen Hauses des Berner Top-Verteidigers Roman Josi, der die Nashville Predators seit der Saison 2017/18 als Captain anführt.
Die beiden sind so gut wie möglich in Kontakt. Denn langweilig ist es Sbisa auch nach dem Karriereende 2021 nicht. Seit August 2022 ist er Development Coach in der Organisation der San Jose Sharks. In der Saison davor hat er das gleiche Amt bei den Anaheim Ducks ausgeübt - für die Kalifornier hatte er von 2009 bis 2014 gespielt. Zu den Sharks zog es ihn, weil es bei den Ducks einen Wechsel des General Managers gab und der neue (Pat Verbeek) von Sbisa ein höheres Arbeitspensum verlangte. Das wollte er nicht.
Wie ein grosser Bruder
"Ich mache es ja nicht, um viel Geld zu verdienen, sondern um jungen Spielern zu helfen", sagt der ehemalige Verteidiger im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Ihm ist es wichtig, genügend Zeit mit der Familie zu verbringen, und deshalb hörte er bei Anaheim auf. Dann kam das Angebot von San Jose.
Was ist genau die Aufgabe von Sbisa? Er betreut in erster Linie die von den Sharks gedrafteten Verteidiger, die noch bei den Junioren oder in einem College-Team spielen. Er besucht diese während der Saison immer wieder, analysiert mit ihnen Partien und gibt ihnen auch sonst wertvolle Tipps für ihre Karriere, wobei auch klare Worte fallen. Er schaut zudem genau hin, wie sich ein Spieler nach einem groben Fehler verhält, wie seine Körpersprache ist. "Ich gehe mit ihnen um, wie wenn ich der grosse Bruder wäre", sagt Sbisa. Wenn es dann einer seiner Schützlinge in die NHL schafft, ist das für ihn so, "als würde mein Sohn dort spielen".
Ausserdem geht Sbisa ein- bis zweimal im Monat für einen Tag zum AHL-Team der Sharks, den San Jose Barracuda. "Wir nennen das Development Day, dann trainieren wir ganz einfache Sachen, beispielsweise dass ein Spieler mit dem Kopf oben hinter dem eigenen Tor entlangfährt. "Dann bist du erstaunt, wie schwierig das ist, weil das sonst keiner im Training macht, aus Angst, dass ihm der Puck über den Stock rollt. Im Spiel jedoch musst du den Kopf oben haben", erzählt Sbisa. Pro Monat ist er sieben bis zehn Tage unterwegs.
Dass sich die Sharks nach wie vor im Umbruch befinden - zuletzt erreichten sie 2019 die NHL-Playoffs -, darin sieht Sbisa auch Vorteile. Denn schwächere Teams dürfen im Draft früher Spieler ziehen. Dadurch kann er mit Top-Talenten zusammenarbeiten. Einer davon ist der 2024 als Nummer 11 gezogene Sam Dickinson, der in der vergangenen Saison zum besten Verteidiger der Juniorenligen WHL, OHL und QMJHL gekürt worden ist. Von daher ist der Job für Sbisa sehr erfüllend.
Stolz auf Karriere
Erfahrungen kann Sbisa reichlich weitergeben. Während 13 Saisons bestritt er 581 Partien in der besten Eishockey-Liga der Welt. Wäre er nicht immer wieder verletzt gewesen, wären es deutlich mehr. Eine Verletzung zwang ihn auch zum Karrierenende. Am 24. Januar 2021 erlitt er in seinem ersten Spiel für die Nashville Predators nach einem Ellbogencheck eine Hirnerschütterung. Er suchte diverse Spezialisten auf, es wurde jedoch nicht besser. Letztlich kam heraus, dass ein Nerv im vestibulären System, das unter anderem für die Orientierung im Raum zuständig ist, bei diesem Check kaputtgegangen ist.
Sbisa leidet noch heute an Symptomen. Konkret werden seine Augen langsam, wenn der Puls nach oben geht, was sich negativ auf die Wahrnehmung auswirkt. "Im Alltag habe ich keine Probleme", sagt Sbisa, "aber Eishockey auf höchstem Niveau ist so natürlich nicht möglich. Ich habe nun dafür eine gute Ausrede, wenn ich Tennis spiele und verliere (lacht). Nein, nein, ich nehme das Ganze positiv Es hätte schlimmer kommen können. Klar hat es weh getan, als ich aufhören musste, aber ich bin stolz auf meine Karriere."
Dies umso mehr, als es zum Zeitpunkt von Sbisas Debüt in der NHL, am 11. Oktober 2008, mit Mark Streit bloss einen Schweizer Feldspieler gab, der zuvor in dieser Liga grössere Spuren hinterlassen hatte. Sbisa war zudem der erste Schweizer, der den Sprung in die NHL über eine nordamerikanische Juniorenliga schaffte. Er kann also als Pionier bezeichnet werden. "Als 18-Jähriger in der NHL aufzulaufen, war für mich unvorstellbar", gibt er zu. Dies, obwohl er schon als Zehnjähriger in einem Camp die NHL als Ziel formuliert hat.
Die Höhepunkte seiner Karriere sind für Sbisa die Olympischen Spiele 2010 in Vancouver, wo er seine Frau kennenlernte, sowie der Stanley-Cup-Final 2018 mit den Vegas Golden Knights, der gegen die Washington Capitals mit 1:4 Siegen verloren ging. "Es tut immer noch weh, wenn ich an den Final denke", erzählt Sbisa. "Es war mein allergrösster Traum, den Stanley Cup zu gewinnen."
Als Sbisa 2007 seinen Stammverein EV Zug verliess und in Richtung Nordamerika zog, dachte er, es sei lediglich für ein Jahr, um Englisch zu lernen. Nun lebt er immer noch dort, ist Nashville sein zu Hause.
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