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Vielversprechendes Debüt von Henry Bernet
Henry Bernets Debüt auf der grossen Bühne der Swiss Indoors ist geglückt - trotz der Niederlage am Montagabend gegen die Nummer 19 der Welt. Der Basler sieht, was er kann, aber auch, was noch fehlt.
Geduld. Henry Bernet braucht das Wort oft und mit Recht. "Ich bin nicht so ein geduldiger Mensch", gibt der 18-jährige Stadtbasler im Vorfeld seines Heimturniers zu, bei dem er dank einer Wildcard erstmals im Hauptfeld eines ATP-Turniers dabei war.
Geduld ist aber etwas, das er lernen musste in einem Jahr, das mit dem Triumph beim Australian Open der Junioren perfekt begann, mit einem Ermüdungsbruch in den Rippen, mit dem er nicht wissend bereits in Melbourne gespielt hatte, kompliziert weiterging und nun nochmals mit einem Hoch dem Ende entgegengeht.
Nahe und doch noch weit weg
Geduld brauchte Bernet auch in seiner Partie gegen Jakub Mensik, die Nummer 19 der Welt und im April mit erst 20 Jahren Sieger des Masters-1000-Turniers in Miami. Der Tscheche, der den ebenfalls gross gewachsenen Bernet mit 1,96 m noch um rund vier Zentimeter überragt, ist ein exzellenter Aufschläger und bot dem Schweizer nur zwei Breakchancen.
Der Basler zeigte aber einen beeindruckenden Auftritt, stand dem ebenfalls noch jungen, aber auf diesem Niveau schon deutlich erfahreneren Tschechen kaum nach. Nach je einem im Tiebreak gewonnenen Satz musste Bernet gleich zu Beginn des dritten Durchgangs zum ersten und einzigen Mal seinen Service abgeben. Es war in einem über zweieinhalbstündigen Krimi die Entscheidung.
Geduld bringt Bernet auch im Anschluss nicht gross auf. Kaum eine Viertelstunde nach Matchende sitzt er bereits den Medienleuten gegenüber und analysiert erstaunlich klar und weitsichtig. Natürlich sei er über die Niederlage enttäuscht, gibt er zu Protokoll. Aber er spricht auch von einer sehr schönen Erfahrung.
Beeindruckt zeigt sich Bernet von der Konstanz seines Gegners. "Ich musste auf meinem höchsten Niveau spielen, um mit ihm mithalten zu können, und ich habe das Gefühl, für ihn ist das einfach Standard." Es zeige ihm auch, dass er noch "einen extrem langen Weg" vor sich habe. Der Schweizer gibt zu, dass er im dritten Satz auch physisch am Anschlag war.
Australian Open mit Rippenfraktur gewonnen
Geduld musste Bernet in diesem Jahr auf die harte Tour lernen. Nachdem er am Australian Open mit Schmerzen aufgewacht war, konnte er diese mit Schmerzmitteln und dem Adrenalin unterdrücken und das Turnier ohne allzu grosse Probleme erfolgreich zu Ende spielen. Zurück in der Schweiz war man dann doch überrascht, als das MRI die Stressfraktur aufzeigte.
Da die Schmerzen nicht allzu gross waren, machte Bernet den Fehler, zu früh wieder mit dem Training anzufangen. Schliesslich wollte er den Flow aus Australien nutzen. "Da war ich vielleicht einfach zu ungeduldig", zeigt sich der junge Basler, der im gleichen Klub wie Roger Federer gross wurde (TC Old Boys) und wie dieser eine (selten gewordene) einhändige Rückhand spielt, selbstkritisch.
Geduld will er nun gelernt haben, wie er versichert. Er verzichtete im Sommer auf die Junioren-Grand-Slams in Paris und Wimbledon, um dem Körper genug Zeit zur Heilung zu geben. Im August und September gewann er dann auf Sand zwei kleinere Future-Turniere in der Schweiz. "Natürlich hätte ich gehofft, zu dem Zeitpunkt bereits Challenger-Turniere spielen zu können", gibt er zu.
Nun möchte er nach Basel noch Challenger in Bergamo und Lyon sowie eventuell in Ägypten und vielleicht Griechenland spielen. Danach soll im Dezember hart an der körperlichen Fitness gearbeitet werden. Da sieht Bernet noch speziell Verbesserungsmöglichkeiten, "aber ich muss in allen Bereichen noch viel lernen".
Viel Lob von Wawrinka und Shelton
Geduld mussten auch die verletzungsgeplagten, etwas älteren Schweizer Nachwuchshoffnungen wie Dominic Stricker, Leandro Riedi und Jérôme Kym lernen. Henry Bernet scheint die Lektion früh und rechtzeitig begriffen zu haben. "Natürlich würde ich am liebsten immer Turniere wie in Basel spielen", sagt er. Darauf muss er noch etwas warten, doch es kann auch plötzlich schnell gehen. Arrivierte Spieler wie Stan Wawrinka oder die Weltnummer 6 Ben Shelton, die schon öfter mit Bernet trainiert haben, sind sich jedenfalls sicher: "Er wird eine grossartige Karriere machen."
Keine Geduld braucht Henry Bernet hoffentlich bei seinem nächsten Ziel. Am Montag will er die Autofahrprüfung bestehen.
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