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Keystone-SDA | Mittwoch, 27. August 2025

Bündner Polizei erhält mehr Möglichkeiten zur Gewaltverhinderung

Der Kanton Graubünden führt ein kantonales Bedrohungsmanagement ein. Es gibt der Polizei mehr Möglichkeiten, Gewalttaten präventiv zu verhindern, bevor sie geschehen. Das Bündner Parlament hat am Mittwoch einer entsprechenden Teilrevision des Polizeigesetzes klar zugestimmt.

Das 120-köpfige Parlament verabschiedete das Gesetz mit 101 zu 7 Stimmen. Dagegen stimmten ausnahmslos SVP-Mitglieder. Die Einführung eines kantonale Bedrohungsmanagement (KBD) wurde in der Eintretensdebatte kaum in Frage gestellt, gewarnt wurde aber vor einem Überwachungsstaat und der Verletzung von Persönlichkeitsrechten.

Das kantonale Bedrohungsmanagement soll schwere Gewaltrisiken frühzeitig erkennen und Gewalttaten verhindern, insbesondere häusliche Gewalt. Es geht aber auch um Gewalt gegen Behörden, gewalttätigen Extremismus, Radikalismus oder Stalking und andere Formen von Gewalt.

Ein neu zusammengestelltes Team aus Polizeiangehörigen, Psychologinnen und Psychologen und Personen aus dem sozialen Bereich soll mit den neuen Möglichkeiten und Daten erkennen, ob eine Person potenziell gefährlich und mit einer Gewalttat zu rechnen ist - oder eben nicht. "Als gewaltbereite Person gilt eine Person, wenn ihr Verhalten oder ihre Äusserungen die Annahme rechtfertigen, dass sie eine schwere Gewalttat begehen wird", heisst es dazu im revidierten Gesetz.

Die Polizei bekommt mehr Mittel und mehr Möglichkeiten. Sie kann neu potentielle Gewalttäter präventiv ansprechen und auch Kontakt-, Annäherungs- und Ortsverbote aussprechen, wenn auch zeitlich beschränkt. Die Kosten des BDM werden auf 850'000 Franken jährlich geschätzt.

Zwischen Sicherheitsbedürfnis und Überwachungsstaat

Im Fall des Baukartell-Whistleblowers Quadroni hatte eine Fehleinschätzung der Behörden zu einer fürsorgerischen Unterbringung geführt, welche vielfach kritisiert wurde. Das führte zum nun beschlossenen Bedrohungsmanagement. "Die Regierung setzt damit die Empfehlungen der PUK und der Administrativuntersuchung rund um das Baukartell um", erklärte Regierungsrat Peter Peyer (SP).

Die Zahl der Femizide sei in der Schweiz noch nie so hoch gewesen wie dieses Jahr, sagte der Justizdirektor. "Die Tat, die unangekündigt aus dem blauen Himmel geschieht, gibt es praktisch nicht", warb er für das Bedrohungsmanagement.

Die Tiefe der Eingriffe in die Rechte der Betroffenen durch das KBM sei gross, erklärte der Präsident der vorberatenden Kommission des Parlaments, Bruno Claus (FDP). "Es kann eine Maschinerie gegenüber einer potentiell gefährlichen Person ausgelöst werden, bevor diese eine Straftat verübt hat", erklärte Claus. Es müsse deshalb genau hingeschaut werden bei der Ausgestaltung des Gesetzes.

Die Polizei erhalte mit dem KBM wirksame Instrument, um häuslicher Gewalt entgegentreten können, sagte Carolina Rusch Nigg (SP). Wichtig sei, dass Behörden die Rechte von Betroffenen und potentiellen Tätern "stets im Auge" behielten. Der Spagat zwischen mehr Sicherheit und einem Überwachungsstaat gelinge mit der vorliegenden Teilrevision des Polizeigesetzes, lobte GLP-Grossrätin Laura Oesch.

Das kantonale Bedrohungsmanagement führe in eine polizeistaatliche Richtung, warnte hingegen SVP-Grossrat Reto Rauch. "Anstatt die wirklichen Gefahren anzugehen, sollen die Bürger überwacht werden", sagte er. Graubünden brauche kein neues Polizeigesetz, sondern einfach eine Polizei, die ihren Aufgaben nachgehe.

Detailberatung ohne Diskussion

Angesichts der kritischen Voten zu Persönlichkeitsrechten und staatlicher Überwachung passierte die Vorlage überraschenderweise die Detailberatung ohne Diskussion. Das kann wohl auch auf die intensive Vorarbeit der vorberatenden Kommission zurückgeführt werden.

Zudem gab Justizdirektor Peyer auf Forderung der Kommission während der Diskussion mehrere Protokollerklärungen ab, wie Polizei und Justizdepartement die neuen Möglichkeiten in der Praxis umsetzen würden.

Die Teilrevision des Bündner Polizeigesetzes unterliegt dem fakultativem Referendum. Den Zeitpunkt der Inkraftsetzung bestimmt die Regierung.

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